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Lkw-Abbiegeunfälle: Kampf dem toten Winkel

Die politische Debatte über die Ausrüstungspflicht von Lkw mit Abbiegeassistenten hat Fahrt aufgenommen. Schon jetzt gibt es ausgereifte und günstige Lösungen zum Nachrüsten.

Fahrradfahren ist gesund, umweltfreundlich und macht Spaß, ist aber vor allem in Großstädten nicht ganz ungefährlich. Nach einer bundesweiten Reihe von tödlichen Unfällen, bei denen Radfahrer:innen im toten Winkel rechtsabbiegender Lkw übersehen wurden, hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer im Sommer 2018 die „Aktion Abbiegeassistent“ ins Leben gerufen. Die Sicherheitspartner der Aktion verpflichten sich auf freiwilliger Basis dazu, schon vor einer – noch offenen – verbindlichen Einführung auf EU-Ebene ihren Fuhrpark mit elektronischen Abbiegeassistenten auszurüsten.

Die Resonanz ist überraschend hoch – trotz des großen Kostendrucks im Gewerbe: Edeka und sein Tochterunternehmen Netto Marken-Discount, Aldi Nord und Aldi Süd, das Entsorgungsunternehmen Alba, DB Schenker und viele weitere Logistikunternehmen haben sich der Initiative gleich nach der Gründung angeschlossen.

Aufrüstung mit Sicherheitstechnik möglich

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung wurde zwar eine Gesetzesinitiative zur Einführung des Abbiegeassistenten in Deutschland festgelegt, „doch die gesetzlichen Voraussetzungen sind international geregelt und können nicht im Alleingang geändert werden“, so Scheuer bei der Vorstellung der Aktion. „Daher gilt es, so schnell wie möglich alle nationalen Handlungsmöglichkeiten auszuschöpfen.“

Schon jetzt bieten einige wenige Lkw-Hersteller die optionale Ausrüstung ihrer Fahrzeuge mit digitalen Abbiegeassistenten an – zu teils saftigen Aufpreisen. Dabei geht es längst viel günstiger und sogar ohne die großen Nutzfahrzeugbauer: Anton Klott ist technischer Leiter bei Edeka Südbayern, einer der sieben Regionalgesellschaften des Einzelhändlerverbunds. Er fährt selbst Lastwagen, Pkw, Motorrad und Fahrrad und hat für seine Lastwagenflotte einen eigenen Abbiegeassistenten entwickelt.

Abbiegeassistenten mit Sensoren und Bilderkennung

An der A-Säule auf der Beifahrerseite schaltet sich ein Monitor ein, sobald der oder die Fahrer:in nach rechts lenkt oder den Blinker setzt. Wenn jetzt neben dem Fahrzeug ein Hindernis auftaucht, piept es. Mit rund 650 Euro plus Einbaukosten ist das System deutlich preiswerter als das der Lkw-Hersteller – und offenbar so gut, dass Edeka es schon über 1000-mal an externe Flottenbetreiber wie Kommunen und Bauunternehmen verkaufen konnte.

Der Hamburger Sicherheitstechnikpezialist Luis Technology hat unter dem Namen „Turn Detect“ einen weiteren elektronischen Abbiegeassistenten entwickelt, der für jeden Fahrzeugtyp nachgerüstet werden kann. Eine intelligente Bilderkennungssoftware vergleicht dabei Aufnahmen innerhalb von Sekundenbruchteilen. Stimmen sie nicht mit dem Ursprungsbild überein, wenn sich etwa Radfahrer:innen oder Fußgänger:innen dem Gefahrenbereich nähern, löst die Software einen optischen und akustischen Alarm aus. Zu den ersten Kunden zählt die Hamburger Spedition Garbe Transport. Inhaber Michael Garbe denkt beim Einsatz jedoch nicht nur an Unfälle mit Radfahrer:innen: „Schon bei einem Blechschaden hat sich der Assistent für uns bezahlt gemacht.“

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