Beim Hamburger Spezialisten für Flüssiggefahrgut Kube & Kubenz ist die Industrie 4.0 längst ein Thema. Doch das ist nicht die einzige Herausforderung, der sich Geschäftsführer Konstantin Kubenz stellt.
Konstantin Kubenz hat schon als Kind mit Lastwagen gespielt. Die Kiste mit den kleinen, bunten Lkw hatten ihm die Eltern freilich nicht ganz ohne Hintergedanken hingestellt – schließlich war es von Beginn an ihr Wunsch, dass der Sohn einmal das Familienunternehmen übernehmen würde. Die Rechnung ging auf: Seit Juli 2017 ist mit Konstantin Kubenz die dritte Generation beim Hamburger Logistikprofi Kube & Kubenz eingestiegen. Während Vater Michael Kubenz sich inzwischen um interne Themen wie IT und Finanzen kümmert, ist der 30-jährige Konstantin Kubenz als geschäftsführender Gesellschafter fürs Operative zuständig und verantwortet den Vertrieb und das Qualitätsmanagement.
Kube & Kubenz ist seit Jahrzehnten auf den Transport flüssiger und gasförmiger Gefahrgüter sowie ungefährlicher Chemikalien wie Kerzenwachs spezialisiert. Zum Kundenstamm gehören führende Unternehmen der chemischen Industrie. Mit drei Standorten in Deutschland und vier in Europa ist Kube & Kubenz ein klassischer Mittelständler. Der Verwaltungssitz befindet sich in Hamburg, weitere Standorte befinden sich in Bergheim bei Köln und im rheinland-pfälzischen Worms, wo sich neben einer Tankreinigungsanlage 500 Gefahrgutstellplätze befinden. Das riesige Gelände bietet außerdem Platz für über 2.000 Tankcontainer sowie Werkstätten für Container und Lkw.
Kerngeschäft Flüssigtransporte
Begonnen hat das Traditionsunternehmen indes ganz klein. 1930 gründeten Harry Kube und Walter Kubenz ihre Spedition in Berlin. Zunächst boten die beiden einen Linienbetrieb für den Möbeltransport zwischen Berlin und Köln an. „Das hat bis zum Krieg gut funktioniert“, erzählt Konstantin Kubenz. Doch im Zweiten Weltkrieg verlor die Familie alles. Harry Kube hatte sich schon 1938 zurückgezogen; er war Jude und konnte Deutschland rechtzeitig verlassen. Walter Kubenz führte den Betrieb seither allein weiter. Doch ein Großteil seines Fuhrparks wurde 1939 beschlagnahmt und später der in Ostberlin ansässige Betrieb 1945 enteignet.
„Im gleichen Jahr sind mein Opa und meine Oma mit dem letzten Lkw, den sie noch hatten, vor den anrückenden russischen Truppen geflüchtet.“ Die Familie verschlug es ins schleswig-holsteinische Eutin, bevor sie sich in den 50er-Jahren schließlich in Hamburg niederließ. Dort startete der Transport von Flüssigkeiten, mit dem sich das Unternehmen im Laufe der Jahre auch international einen Namen machte. Und das vor allem, seit Michael Kubenz 1980 die Leitung des Unternehmens übernommen hatte. „Mein Vater hat sich aufs Kerngeschäft konzentriert und die Flüssigtransporte ausgebaut“, sagt Konstantin Kubenz.
Wiederholende Aufgaben automatisieren
Der Jungunternehmer wird sich hingegen künftig vor allem mit dem Thema Industrie 4.0 auseinandersetzen. „Die Digitalisierung verändert jede Branche, auch die Logistik.“ Als Angehöriger des Jahrgangs 1989 ist Konstantin Kubenz alt genug, um sich an weitgehend analoge Zeiten zu erinnern. Er weiß noch, wie es war, als man den „Tatort“ ausschließlich sonntags um 20.15 Uhr im Fernsehen anschauen konnte. Er weiß es aber auch zu schätzen, dass er heute selbst bestimmen kann, wann der Krimi über den Bildschirm flimmert.
Ob Fernsehen, Musik oder Bestellungen im Internet: „Ich nutze heute für alles mein Smartphone.“ Das Aufwachsen als Digital Native mit analogen Erfahrungen kommt Kubenz zugute. Er kann sich einerseits gut in ältere Kolleginnen und Kollegen hineinversetzen, kommt andererseits aber auch mit den Ansprüchen der Jüngeren und den Herausforderungen des digitalen Wandels an sich zurecht. Kubenz weiß: „Uns trifft die Industrie 4.0 an drei Stellen.“ Zunächst bei den internen Prozessen: „Wir müssen administrative und operative Tätigkeiten schlanker gestalten.“ Dazu gehört, was man gemeinhin unter einem papierlosen Büro versteht – ein möglichst elektronisches Rechnungswesen zum Beispiel.
Konstantin Kubenz ist sich der anstehenden Herausforderungen der Digitalisierung bewusst.
„Im Grunde geht es darum, zeitraubende, sich wiederholende Aufgaben zu automatisieren“, erklärt Kubenz, „da sind wir dran.“ Ziel dessen sei indes nicht, Arbeitsplätze abzubauen. „Bestimmte Aufgaben könnten allerdings wegfallen und durch anspruchsvollere Tätigkeiten ersetzt werden.“ Dadurch sollen die Mitarbeiter:innen entlastet werden und so mehr Raum für andere, kreativere Projekte bekommen. „Langfristig könnten die Mitarbeiter so noch zufriedener werden.“
Standardisieren, dann digitalisieren
Von der Digitalisierung ist auch die Vernetzung mit Kunden und Dienstleistern betroffen. „Die Kunden verlangen, dass wir ihre Daten automatisiert verarbeiten und einspielen“, so Kubenz – etwa bei der automatischen Vernetzung von Aufträgen. Auch die Sendungsverfolgung in Echtzeit ist ein Thema. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. „Bevor man digitalisiert, muss man standardisieren“, verdeutlicht der 30-Jährige.
„Wir müssen uns mit den Kunden und Dienstleistern auf Standards einigen.“ Nur so sei eine effiziente Automatisierung möglich. Beispiel Tankreinigung: Bislang werde diese noch mit Papier abgewickelt. „Pro Auftrag kommt da eine ganz schön dicke Mappe zusammen.“ Das soll sich ändern: Bis 2020 soll die elektronische und somit fälschungssichere Übermittlung Industriestandard sein.
Intelligent mit Kunden vernetzen
Dazu gehört auch der Gedanke an eine Industrieplattform. Solch eine Basis zum Abwickeln von Aufträgen werde unbedingt benötigt. Schaffen sollte dies die Industrie für ihre Belange selbst, findet Kubenz. „Die Unternehmen müssen kooperieren und gemeinsam eine Non-Profit-Plattform schaffen, sonst werden wir zu Getriebenen.“ Amazon beispielsweise entwickele sich zum Logistiker und greife damit seine bisherigen Partner an. Kube & Kubenz selbst blickt diesem Trend noch gelassen entgegen. „Wir haben das Glück, dass unsere Logistik recht kompliziert ist.“
Nicht jeder Tankcontainer eignet sich für jeden Transport. Mit gummierten Containern etwa wird Säure gefahrlos befördert; Edelstahlcontainer sollten mit Säuren dagegen nicht in Berührung kommen. „Das alles zu disponieren ist recht komplex, da kann man nicht so einfach reingrätschen.“ Dennoch ist Kubenz an einer industrieübergreifenden Möglichkeit zur Kommunikation und Vernetzung interessiert. „Momentan müssen wir für jeden einzelnen Kunden ein eigenes Interface bereitstellen.“ Allerdings sei dies der falsche Weg. „Jeder Kunde sollte eine eigene Schnittstelle zu einer Industrieplattform schaffen. Somit wären alle mit überschaubarem Aufwand miteinander vernetzt.“
Gute Mitarbeiter sind Voraussetzung
Doch abgesehen von der Digitalisierung treibt den Jungunternehmer noch ein mindestens genauso drängendes Problem um: der Fachkräftemangel. „Die größte Herausforderung für uns ist derzeit, Fahrer zu finden.“ Der Markt habe sich in den vergangenen Jahren stark verändert. „Die Fahrer sind viel anspruchsvoller geworden.“ Und weil es so wenige von ihnen gibt, können sie sich die Stellen mit den besten Bedingungen aussuchen.
„Man muss als Arbeitgeber attraktiv bleiben“, weiß Kubenz. Das gilt umso mehr, wenn man in schwierigen Zeiten expandieren will. „Und das wollen wir“, kündigt Kubenz für die kommenden zehn Jahre an, „allein schon, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“ Um dieses Ziel erfolgreich zu meistern, hat er eine klare Strategie. Die beginnt freilich bei den eigenen Mitarbeiter:innen. „Viele Menschen stehen Veränderungen erst mal kritisch gegenüber.“ Wichtig sei deshalb, die Betroffenen frühzeitig einzubeziehen und intensiv mit ihnen im Austausch zu stehen. „Schulungen sind dabei genauso wichtig.“ Ein digitales Programm kann noch so gut sein – die Kollegen müssen damit arbeiten können und wollen.“
Für Konstantin Kubenz steht jedenfalls fest: „Die beiden größten gegenwärtigen Herausforderungen – Digitalisierung und Fachkräftemangel – muss man zusammen angehen, wenn man in Zukunft bestehen will.“