Vielleicht kennst du das aus deinem eigenen Fuhrpark: Der oder die HU-Prüfer:in bemängelt in der Fahrzeughauptuntersuchung unterschiedliche Reifen an einer Fahrzeugachse und verweigert dem Lkw die Prüfplakette. Dabei ist die Rechtslage in Deutschland eindeutig.
Eine sogenannte Mischbereifung – auch an einer Achse – ist zulässig, wenn Reifen gleicher Dimension sowie mit gleichem Last- und Speedindex montiert sind. Darauf weist der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) hin. Der Lastindex, auch Load- oder Tragfähigkeitsindex genannt, ist die zwei- bis dreistellige Zahl am Ende der Größenbezeichnung des Reifens und bezeichnet dessen maximale Tragfähigkeit abhängig von der spezifizierten Geschwindigkeit; der Speedindex gibt die zulässige Höchstgeschwindigkeit an, die wiederum von der Tragfähigkeit abhängt.
Die Kennzeichnung 285/60 R 22,5 148/145 K bedeutet aufgeschlüsselt also:
285 = Querschnittsbreite in Millimetern
60 = Verhältnis Querschnittshöhe zu Querschnittsbreite (= 60 Prozent)
R = Radialbauweise
22,5 = Felgendurchmesser (Code)
148 = Lastindex für Einzelanordnung (3.150 Kilogramm)
145 = Lastindex für Zwillingsanordnung (2.900 Kilogramm)
K = Kennbuchstaben für maximale Fahrgeschwindigkeit (110 km/h)
Deutsches Recht erlaubt Mischbereifung
Der Paragraph 36 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) bildet die rechtliche Grundlage dafür, dass in Deutschland für alle Nutzfahrzeuge und Busse mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen jegliche Mischbereifung zulässig ist. Aber Vorsicht: Im europäischen Ausland allerdings wird die Bereifung auf Basis der Verordnung (EU) 458/2011 bewertet. Und diese schreibt vor, dass achsweise nur Reifen des gleichen Reifentyps zulässig sind.
Der Reifentyp ist in dieser EU-Verordnung über die Größenbezeichnung (Dimension), den Speed- und Loadindex, die Bauart, den Reifenhersteller oder die Handelsmarke und die Verwendungsart (Profilausführung) definiert; de facto sind Reifen des gleichen Typs damit identische Reifen. Das bedeutet für die Praxis: „Auf Fahrzeugen, die im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt werden, sind achsweise nur Reifen der gleichen Größenbezeichnung (Dimension), des gleichen Speed- und Loadindex, der gleichen Bauart, des gleichen Reifenherstellers oder gleicher Handelsmarke und der gleichen Verwendungsart (Profilausführung) zu verwenden“, erläutert Hans-Jürgen Drechsler, Geschäftsführer und Technikexperte beim BRV in Bonn, und fügt hinzu: „Das betrifft auch achsweise die gleichen Karkassen bei kalterneuerten Reifen.“
Grenzübertirtt nur ohne Mischbereifung
Der BRV habe das Bundesverkehrsmnisterium, das in der entsprechenden Gesetzgebung federführend ist, schon länger darauf hingewiesen, dass in der Frage der Mischbereifung an Nutzfahrzeugen das nationale deutsche Recht und das EU-Recht voneinander abweichen, so der Verband. Das führe immer wieder zu Problemen für die Fahrzeugbetreiber:innen.
Der Verband erwartet, dass die nationale Gesetzgebung dem EU-Recht irgendwann angeglichen wird. Bis dahin gilt aber: Die Fahrzeugprüfung basiert auf geltendem deutschem Recht, daher gebe es derzeit keinen Grund, einem Lkw wegen der beschriebenen Mischbereifung die HU-Plakette zu verweigern. Auch dann nicht, wenn er im EU-Verkehr unterwegs ist. Im europäischen Ausland würde der Brummi aber trotz bestandener deutscher Fahrzeugprüfung gegen dort geltendes Recht verstoßen – und das kann teuer werden, warnt der BRV. Mischbereifung ist somit ein Tabu für Lkw, die grenzüberschreitend innerhalb Europas eingesetzt werden.
Der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV) ist der bundesweit tätige Fachverband des deutschen Reifengewerbes. Mit seinen 2.010 Mitgliedern und ihren insgesamt rund 3.500 Outlets vertritt er rund vier Fünftel des spezialisierten Reifenhandels
und -handwerks in Deutschland. Auch 175 Fördermitglieder gehören dem BRV an.
www.bundesverband-reifenhandel.de