Gabelstapler

Elektrofahrzeuge für die Logistik: Status quo und Zukunftsperspektiven

Jedes Fahrzeug kann elektrisch laufen. Allerdings sind die Optionen in den unterschiedlichen Logistik-Klassen ebenso verschieden wie der aktuelle und künftige Durchdringungsgrad in der Branche.

Keine Alternative zur Elektrifizierung

Wenn ab 2035 in der EU keine neuen Verbrenner (ausschließlich für fossile Kraftstoffe) mehr zugelassen werden können, dann bleibt davon auch die Logistik nicht unbeeinflusst. Denn das derzeitige Gesetz erfasst alles bis 3,5 Tonnen Gesamtmasse, gilt also ebenso für die beliebten Kleintransporter der Sprinter-Klasse.

Zwar bleiben – vorerst – Fahrzeuge mit mehr Gesamtmasse davon unbetroffen. Ebenso sind Ausnahmen für E-Fuels angedacht. Doch nicht zuletzt, weil herkömmliche Kraftstoffe aufgrund der CO2-Bepreisung teurer und regenerative Kraftstoffe wohl nicht ausreichen werden, wird die Logistik sich insgesamt elektrifizieren müssen. Wie es diesbezüglich bei den verschiedenen Transportklassen aussieht, haben wir dir in diesem Briefing zusammengefasst.

Spezialtransporte

Hunderte Tonnen schwere Generatoren; dutzende Meter lange Windradflügel. Wo Ladung transportiert wird, die durch Masse und/oder Abmessungen das Normalmaß überschreitet, dürfte sich der reine Elektroantrieb wohl am schwersten durchsetzen – zumindest auf längeren Distanzen.

Hauptgrund dafür sind die extremen Umstände, unter denen hier transportiert werden muss. Hier haben herkömmliche Kraftstoffe und E-Fuels durch ihre hohe Energiedichte und völlige Unabhängigkeit von jeglicher Infrastruktur schlicht (noch) die besten Karten.

Eine Ausnahme: Schon seit vielen Jahren existieren sogenannte Self-Propelled Modular Transporter (SPMTs). Das sind vielachsige Plattformen mit eigenem Antrieb für millimetergenaues Bewegen selbst größter Lasten
Diese werden tatsächlich schon heute oftmals mit reinem Batterieantrieb genutzt. Alternativ finden dieselelektrische Hybridantriebe Verwendung. In diesem Fall ist der Dieselmotor nur Generator. Jedes Rad wird von einem eigenen Elektromotor angetrieben. Das ist bei so vielen Rädern, die zudem einzeln lenkbar sind, mechanisch ungleich einfacher und günstiger.

Eine weitere Ausnahme sind die kurzen und mittleren Distanzen. Hier wird derzeit deutlich in Richtung von Brennstoffzellen entwickelt. Trotz des Namens findet darin keine Verbrennung im klassischen Sinn statt, sondern eine „kalte Verbrennung“, bei der Strom entsteht.

Elektrofahrzeuge_2Auf Langstrecken ist vor allem die Politik zum Ausbau der Ladeinfrastruktur gefragt.

Die klassischen Langstreckentransporte

Das typische Sattelzuggespann, wie es dir unter der Woche auf nur wenigen Autobahnkilometern dutzende Male begegnen dürfte. Hier bieten sich verschiedene Chancen für die Elektrifizierung, die bereits heute gelten:

  • Zwar unterscheidet es sich ein wenig innerhalb der EU-Staaten, jedoch gilt für Lkw eine zulässige Höchstmasse. Bei uns sind es 40 bzw. 44 Tonnen, in den Niederlanden beispielsweise 50 Tonnen.
  • Die Lenk- und Ruhezeiten sind sogar komplett EU-einheitlich – und gelten überdies sogar für Fahrer:innen von außerhalb des Staatenbundes, sobald sie die EU-Grenzen überschreiten.
  • Ebenfalls nur leicht variabel sind die Höchstgeschwindigkeiten für Lkw und Gespanne auf den verschiedenen Straßenklassen.

Warum das so bedeutend ist? Es gibt den Entwickler:innen von Batterietechnik und entsprechenden Lkw sehr gute Richtwerte, um hinsichtlich der täglich möglichen Fahrdistanzen und Transportgewichte passende Antworten in Sachen Akku-Kapazität und Ladedauer zu kreieren.

Aktuell stehen etwa Daimler Truck und CATL in enger Kooperation zur Entwicklung von Next-Generation-Energiespeichern. Diese Akkus werden explizit auf die Ansprüche im Fernverkehr ausgelegt. Das heißt, sie benötigen eine besondere Leistungsstärke in Sachen Energiedichte (wichtig für die Reichweite pro Gewichtseinheit) und Langlebigkeit im Angesicht häufiger Schnellladungen (diese belasten Akkus stärker als langsames Aufladen).

Ferner ist die Langstrecke ein sehr wichtiges Betätigungsfeld für die Brennstoffzellen-Forschung. Der Grund: Diese Technik benötigt Batterien nur als Pufferspeicher – deutlich weniger als ein gänzlich batterieelektrischer Truck. Dadurch können Lkw gebaut werden, bei denen die gesamte Energiespeicherung auf kleinerem Raum mit geringerem Gewicht abläuft, was wiederum der Lademasse zuträglich ist.

Allerdings ist bei keiner anderen Antriebsform so sehr die Politik gefragt. Denn wenn Lkw durch die Art des Transports zwingend zwischendurch anhalten müssen, dann ist es nötig, die Infrastruktur stark auszubauen – speziell entlang der Autobahnen:

  • Jeder Lkw braucht wenigstens allabendlich einen „richtigen“ Stellplatz.
  • Für jeden batterieelektrischen Truck muss es dort eine Ladestation geben.
  • Seitens der Stromerzeugung muss in diesen Abend- und Nachtstunden genügend Energie erzeugt und zu den Stellplätzen geleitet werden können.

Trucks selbst elektrisch zu machen, ob nun nur mit Batterie oder Brennstoffzelle, ist nicht so sehr das Problem. Schwieriger wird es, einer so großen Masse genügend Strom liefern zu können.

Rechnet man die offiziellen Statistiken durch, dann befinden sich täglich deutlich über 1,5 Millionen Trucks auf den deutschen Autobahnen. Ein erheblicher Teil von denen muss unterwegs aufladen.  

Das Problem ist jedoch bekannt und wird angegangen. Mehr dazu findest du in einem umfassenden Papier der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität (NPM).

Die Mittel- und Kleinklasse

Unterhalb von schweren Lkw existieren in der Klasse bis 18, respektive 7,5 Tonnen (aber über 3,5 Tonnen) zahlreiche Trucks, deren Anforderungsprofil vergleichbar ist: Sie sind zwar oft im Fernverkehr jenseits 50 Kilometer und/oder 1 Stunde unterwegs, allerdings finden die meisten Nutzungen innerhalb von Zeit und Distanz eines Arbeitstages statt –beispielsweise Umzugsspeditionen, Baustellentransporte oder Müllfahrzeuge.

Dadurch wird das Thema Akku-Ausdauer hier deutlich weniger relevant oder schwierig umzusetzen. Schon 2021 etwa brachte Daimler einen batterieelektrischen Müllwagen heraus. Im gleichen Jahr schaffte die Stadt Reutlingen ihren ersten Brennstoffzellen-Mülllaster an.

Insbesondere bei den batterieelektrischen Vertretern dieser Gattung ist zudem die angesprochene Herausforderung der (öffentlichen) Ladeinfrastruktur nicht so gravierend. Sehr viele Fahrten dieser Fahrzeuge gehen nonstop von Firma zu Firma – ohne Zwangspausen unterwegs. Dadurch können solche Unternehmen viel freier agieren, sind weniger auf den öffentlichen Ausbau angewiesen. 

Elektrofahrzeuge_3Bei Kleintransportern ist der Elektrifizierungsgrad schon heute sehr groß.

Die Vans

Transporter bis 3,5 Tonnen Gesamtmasse, auch bekannt als Kleintransporter, Vans oder Utilities. Sie sind von sämtlichen Paketdienstleistern bis zu Firmen unterschiedlichster Couleur die mit weitem Abstand wichtigsten logistischen Helfer – nicht zuletzt deshalb, weil jeder mit einem Pkw-Führerschein sie fahren darf. Das ist in Zeiten des Lkw-Fahrer:innenmangels ein echter Game Changer.

Zwar fahren durchaus einige Vans mit ganz ähnlichen Profilen wie leichtere Lkw; sind also mitunter den ganzen Tag auf einer Tour unterwegs. In der Masse sind sie jedoch eher auf etwas kürzeren Distanzen vertreten.

Wenn wir vom Güterverkehr auf der Straße mit herkömmlich gestalteten Fahrzeugen ausgehen, dann hat diese Klasse schon heute die größte Elektrifizierungsrate vorzuweisen. Längst gibt es eine enorme Modellvielfalt. Schon 2019 etwa lancierte Mercedes seinen bekannten Dauerläufer Sprinter in einer elektrischen Variante.

Mittlerweile gibt es sogar kaum noch einen der großen Van-Hersteller, der nicht wenigstens ein batterieelektrisches Modell im Repertoire hätte. Dafür gibt es zwei gute Gründe:

  • Vans sind die wichtigsten Fahrzeuge für die Pakettransport- und Logistik-Giganten.
  • Da die Transporter oft in unterschiedlichen Größen angeboten werden, gibt es recht große Schnittmengen in die private Fahrzeugnutzung zwischen Großfamilie und Wohnmobilfahrer:innen.

Entsprechend groß sind nicht nur die Zahlen möglicher Abnehmer:innen, sondern ebenso der Druck auf die Hersteller, viele und leistungsfähige Modelle zu liefern. Zum Vergleich: In Deutschland wurden 2022 fast 108.000 dieser Utilities neu zugelassen – jedoch lediglich 32.600 Sattelzug-Lkw

Die letzte Meile

Wenn die Rede vom Mobilitätswandel ist, dann ist es kaum vermeidbar, dabei nicht von der berühmten „letzten Meile“ zu hören. Sie ist keine echte Meile (1,6 Kilometer), sondern eher metaphorisch für derartige Kurzdistanzen zu verstehen. Dafür jedoch ist sie von lauter Faktoren geprägt, die batterieelektrische Logistik ohne großen Aufwand bevorteilen – oder mitunter sogar überflüssig machen.

Hier ist die Vielfalt der Fahrzeuge mittlerweile wirklich extrem. Sie alle aufzulisten, würde den Rahmen des Artikels sprengen. Daher nur einige besonders beliebte Beispiele:

  • Elektrische Lastenfahrräder und teilweise selbstangetriebene Fahrradanhänger.
  • Mikrotransporter, die sich größenmäßig auf dem Level eines Golfkarts mit Ladefläche befinden.
  • Elektrisch unterstützte Handkarren oder ähnlich angetriebene Leiterwagen.

Zusammen mit kleineren Vans und Pritschenwagen wie etwa dem von Transportdienstleister DHL bekannten Streetscooter Work oder dem für 2024 angekündigten XBUS ergibt das nicht nur eine enorme Vielfalt. Nein, ebenso bietet es einen äußerst vielfältigen Baukasten, aus dem sich die Logistik schon heute bedienen kann.

Aber: Elektroantriebe sind hier eben nur eine mögliche nachhaltige Antriebsvariante. Ebenso finden sich hier, speziell im urbanen Raum, Fahrzeuge, die nur die „Brennstoffe“ Kohlehydrat, Eiweiß und Fett benötigen.

Die Intralogistik

Nicht eben wenige Firmen sind groß genug, um auf ihrem eigenen Gelände Fahrzeuge für die Logistik zu benötigen. Tatsächlich ist das schon im Supermarkt der Fall, wo schwere Paletten bewegt werden müssen.

Hier, wo die nächste Steckdose schlimmstenfalls nur einige Hundert Meter weit entfernt ist, haben elektrische Antriebe die mit Abstand längste Geschichte und größte Verbreitung vorzuweisen. Egal ob Hubwagen, Plattformwagen, Gabelstapler oder ähnliche Transportfahrzeuge: Hier ist der Elektroantrieb schon deshalb seit Jahrzehnten Normalität, weil nur er ohne lokale Abgasemissionen in Innenräumen eingesetzt werden kann.

Tatsächlich ist selbst bei schwereren Gabelstaplern der Erfolg mittlerweile so groß, dass die Liste kürzer würde, wenn wir über Intralogistik-Transporter sprächen, die nicht elektrisch angetrieben werden. Deshalb vielleicht nur so viel: In der Klasse bis 9 Tonnen haben bereits einige Firmen die Produktion von Dieselstaplern eingestellt oder planen es – die Nachfrage ist einfach zu gering geworden.

Fazit

Die Elektrifizierung der Logistik ist auf einem tatsächlich guten Weg. Je weniger es darum geht, sehr große Lasten über tausende Kilometer zu befördern, desto größer ist die Verbreitung schon heute. Und für den Rest dürften sich elektrische Antriebe ebenfalls in den kommenden Jahren durchsetzen – und das nicht nur, weil hierbei einfach viel weniger kaputtgehen kann und gewartet werden muss.


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