In Ausnahmefällen ist es Lkw-Fahrer:innen erlaubt, die Lenkzeit zu überschreiten oder die Wochenruhezeit zu verkürzen. Wir erklären, wie die Sonderregelungen funktionieren.
Lenk- und Ruhezeiten von Lkw-Fahrer:innen: Teil 2
Im ersten Teil unserer Serie rund um Lenk- und Ruhezeiten haben wir die aktuell geltenden Sozialvorschriften im Straßengüterverkehr erklärt. Nun wollen wir Ausnahmen und Sonderregelungen beleuchten.
Verlängerung der Lkw-Lenkzeit möglich – im Ausnahmefall
Auf der Straße kommt es immer wieder zu unvorhersehbaren Situationen (von schlechten Wetterbedingungen über Staus bis zu Verspätungen an Be- und Entladeorten), in denen der oder die Fahrer:in nicht in der Lage ist …
- … einen geeigneten Halteplatz zu erreichen
- … am Ende der Arbeitswoche seine bzw. ihre reguläre Wochenruhezeit zu Hause oder am Betriebsstandort zu verbringen
– ohne dabei gegen die gesetzliche vorgeschriebene Tages- oder Wochenlenkzeit zu verstoßen.
Tages- und/oder Wochenlenkzeit überschreiten?
Mit dem im Juli 2020 verabschiedeten Mobilitätspaket I will das Europäische Parlament auf Situationen wie diese reagieren und so für mehr Flexibilität im Berufsalltag von Lkw-Fahrer:innen sorgen. Das heißt: Unter besonderen Umständen darf der oder die Fahrer:in die tägliche und wöchentliche Lenkzeit um bis zu eine Stunde überschreiten. Wird vor der zusätzlichen Fahrtstunde eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von 30 Minuten eingelegt, darf die Lenkzeit sogar ausnahmsweise um bis zu zwei Stunden verlängert werden.
Doch Achtung, die Höchstlenkzeit von 90 Stunden in zwei aufeinander folgenden Wochen darf keinesfalls überschritten werden, wie die Europäische Kommission in einem FAQ samt Rechenbeispielen erklärt.
Jede Lenkzeitverlängerung muss durch eine gleichwertige Ruhepause, zusammen mit einer Ruhezeit, bis zum Ende der dritten Woche nach der betreffenden Woche ausgeglichen und dokumentiert werden.
Verkürzte Wochenruhezeit erlaubt – unter dieser Bedingung
Darüber hinaus hält das Mobilitätspaket I eine weitere Sonderregelung für Berufskraftfahrer:innen im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr bereit. Damit soll es dem oder der Fahrer:in ermöglicht werden, die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit am eigenen Wohnsitz zu verbringen, und für alle verkürzten wöchentliche Ruhezeiten einen vollständigen Ausgleich zu erhalten.
Fahrer:innen im internationalen Güterverkehr dürfen also zwei reduzierte Wochenruhezeiten hintereinander einlegen. Diese müssen im Ausland verbracht werden – also weder im Niederlassungsstaat noch im Wohnsitzstaat des Fahrers bzw. der Fahrerin. Dies gilt jedoch nur unter folgender Voraussetzung: In vier aufeinander folgenden Wochen müssen neben den beiden zusammenhängenden verkürzten Wochenruhezeiten mindestens zwei regelmäßige Wochenruhezeiten eingelegt werden.
Wurden also zwei reduzierte wöchentliche Ruhezeiten nacheinander eingelegt, ist die nächste Ruhezeit – als Ausgleich für diese zwei reduzierten wöchentlichen Ruhezeiten – vor der darauffolgenden wöchentlichen Ruhezeit einzulegen.
Lenk und Ruhezeiten: Safety first bei Ausnahmen & Co.
Ausnahmeregelungen hin oder her: Bei der Anwendung dieser Sonderregelungen sollten Lkw-Fahrer:innen, ebenso wie Unternehmer:innen und Disponent:innen, darauf achten, dass die Sicherheit im Straßenverkehr zu keinem Zeitpunkt gefährdet wird.
Im 3. Teil erklären wir dir, welche Bußgelder drohen, wenn außerhalb dieser Sonderregelungen die Lenkzeit überschritten oder Ruhezeiten verkürzt werden. So viel sei verraten: Es trifft Unternehmer:innen und Lkw-Fahrer:innen meistens gleichermaßen.
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