Transport-Kontor Heinrich Stratmann

Logistik nach Maß: Willkommen in der Logistikeria!

In puncto Sicherheit geht das Wittener Transport-Kontor Heinrich Stratmann (WTK) keine Kompromisse ein. Aber auch bei Themen wie Umwelt, Digitalisierung und Vernetzung sind die Gefahrgutprofis aus dem Ruhrgebiet mächtig in Bewegung.

„Wenn Sie in eine Trattoria gehen, erwarten Sie keine Tiefkühlpizza – und in der Grapperia keinen Tresterbrand vom Discounter. Analog verstehen wir uns als ‚Logistikeria‘, wo die Kunden darauf vertrauen können, dass ihnen keine Logistik von der Stange serviert wird.“ Mit diesen Worten bringt Jörn Stratmann die Philosophie seines Unternehmens auf den Punkt. Der Geschäftsführer der Wittener Transport-Kontor Heinrich Stratmann GmbH (WTK) führt über das Areal der Firmenzentrale in Witten, wo Lkw sauber aufgereiht auf ihren nächsten Einsatz warten.

Nicht ganz ohne Stolz zeigt der 59-jährige auf die neueste Errungenschaft: einen Tanklaster mit Abbiege- und Notbremsassistent. Dieser ist rundum mit Kameras und Sensoren bestückt, die während der Fahrt oder in Warteposition, etwa vor einer Ampel, kontinuierlich den toten Winkel des Trucks überwachen. Gleichzeitig wird die Umgebung auf einem Display im Fahrerstand angezeigt. Damit lässt sich praktisch ausschließen, dass Radfahrer:innen und Fußgänger:innen übersehen werden und zu Schaden kommen. Für Jörn Stratmann ist das ein zentrales Anliegen.

Prägende Anfänge im Ruhrgebiet

Die Wurzeln seiner Firma reichen bis in das Jahr 1953 zurück. Aus der Kriegsgefangenschaft entlassen hegten Heinrich und Günther Stratmann keinerlei Ambitionen, in ihre Ausbildungsberufe zurückzukehren. Stattdessen wollten sie einen Beitrag zum Wiederaufbau des Landes leisten, indem sie Kohle innerhalb der Region transportierten und mit dem schwarzen Gold handelten. Die erste Auftragsposition war allerdings recht unspektakulär: eine Kohlenschaufel oder „Kohlenschüppe“, wie sie im Revier-Deutsch genannt wurde.

Doch das Geschäft nahm schnell Fahrt auf, und so gelang es den Brüdern, innerhalb weniger Jahre ein erfolgreiches Transportunternehmen für die chemische Industrie aufzubauen. Dessen Geschicke wurden ab 1980 sukzessive in die Hände der Söhne Jörn und Jens Stratmann übergeben. Auf Jens, der seine Tätigkeit als Geschäftsführer aufgrund einer schweren Erkrankung 2015 aufgeben musste, folgte Thomas Jungermann. Der 47-jährige ist WTK seit 1994 verbunden, anfänglich als Betriebsleiter in Hagen. Zur Jahrtausendwende wechselte er in die Zentrale nach Witten und betreut in erster Linie die Bereiche Technik und Distribution.

Nutzwert stets im Blick

Zur Kundschaft von WTK zählen Chemiegiganten wie BASF, Evonik und Lanxess. Für den Transport der sensiblen Stoffe steht ein beeindruckender Fuhrpark aus 303 Aufliegereinheiten bereit, darunter 96 Spezialtank-Sattelauflieger für Heiß- und Warmprodukte und 132 ADR-konforme Zugmaschinen, die die Forderungen des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße erfüllen (ADR). Jüngst erst wurden drei ebenfalls ADR-taugliche und mit Flüssiggas (LNG) betriebene Zugmaschinen angeschafft. „Erneuerbare Energien sind ein großes Thema für uns“, betont Jörn Stratmann. In diesem Kontext ist auch eine Fotovoltaikanlage auf dem Hallendach installiert worden, die einen großen Teil des für Betrieb und Werkstatt benötigten Stroms regenerativ erzeugt.

WTK_Spedition_Bild1_1900x1400-Apr-28-2022-12-04-32-93-PMFür den Transport der sensiblen Güter stehen bei WTK 303 Auflieger zur Verfügung.

Das Tracking und Tracing von Fahrzeugen und Fracht erfolgt mittels einer individualisierten Telematikanwendung, die die gesamte Transportkette digital abbildet und durchgängig Transparenz schafft. Davon profitieren auch die Kundinnen und Kunden, die den Status der Auftragsabwicklung jederzeit stationär oder mobil in Echtzeit verfolgen können. Das System, über das zudem Routen und Ladekapazitäten verplant werden können, wird hausintern kontinuierlich weiterentwickelt. Mit dem Anspruch, den CO2-Ausstoß unter Grenzwert zu halten, lässt sich darüber hinaus der Tankverbrauch softwareunterstützt überwachen.

„Mit ihren Produkten vertrauen uns die Kunden das Wertvollste an, was sie haben“, sagt Jörn Stratmann. „Dieses Vertrauen müssen wir uns jeden Tag neu erarbeiten.“ Entsprechend hoch ist das Sicherheitsniveau. Das Unternehmen war eine der ersten Speditionen, die nach ISO-Normen validiert wurden. Inzwischen ist WTK gemäß DIN EN ISO 9001:2015 und DIN EN ISO 14001:2015 sowie nach den Qualitätsstandards SQAS, HACCP und GMP zertifiziert. Nicht zuletzt bestimmen akribische Wartungsarbeiten und regelmäßige Sicherheitstrainings den Geschäftsalltag. Im Rahmen ihrer Übungsstunden absolvieren die Berufskraftfahrer:innen zum Beispiel Kurvenfahrten und werden im Umgang mit dem Bremsassistenten geschult.

Einfache Lösung, große Wirkung

Spürbar ist hier der entspannte Umgang im Team – möglicherweise ein Ausdruck der speziellen Spezies im Revier? „Von meinem Vater habe ich in erster Linie Bodenständigkeit gelernt“, sagt Jörn Stratmann. „Es ist wichtig, allen Menschen mit Respekt und unbeeindruckt von Äußerlichkeiten zu begegnen – seien es der Bankdirektor, der Fahrer oder Auszubildende.“ Diese Einststellung teilt auch Co-Geschäftsführer Thomas Jungermann und merkt an, dass Hierarchien im Unternehmen kaum existieren. Entscheidungen würden in der Regel unbürokratisch getroffen und dann schnell auf den Weg gebracht.

Ein gutes Beispiel ist das patentierte Multi-Modal-Modul M3, das er auf seinem Laptop präsentiert. Die Idee dazu wurde zunächst auf einem Bierdeckel festgehalten. Hierbei handelt es sich um einen gewichtsoptimierten Spezialcontainer, der nach einem Umbau von etwa zwölf Stunden wahlweise als Tankauflieger oder Wechselbehälter genutzt werden kann. Durch den Einsatz dieses Moduls werden circa 1,5 Tonnen Gewicht eingespart. Parallel dazu ist gewährleistet, dass stets derselbe Behälter samt unveränderter Bedienelemente verwendet wird. Vertraute Abläufe geben dem Personal ein gutes Gefühl und schaffen Sicherheit bei der Be- und Entladung der anspruchsvollen Fracht. Nach nur einem Dreivierteljahr konnte das Gesamtkonzept zur Marktreife gebracht werden. Die flachen Hierarchien, wie sie bei WTK vorzufinden sind, trugen entscheidend dazu bei, dies innerhalb einer solch kurzen Zeitspanne umzusetzen.

WTK_Spedition_Bild2_1900x1400-4„Wir treffen Entscheidungen unbürokratisch“, sagt WTK-Geschäftsführer Thomas Jungermann

Neue Optionen dank Digitalisierung

Anfang 2019 ist Janina Stratmann, die einen Masterabschluss in Betriebslehre hat, in das väterliche Unternehmen eingestiegen. Mit ihr bereitet sich nun die dritte Generation darauf vor, den Familienbetrieb auf Kurs zu halten. Für die 29-jährige ist es wichtig, dass WTK weiterhin kontrolliert wächst. Und sie ergänzt: „Außerdem sind immer striktere Sicherheitsauflagen zu meistern. Darüber hinaus beschäftigen wir uns intensiv mit dem Thema Klima- und Umweltschutz, es wird also immer komplexer.“ Thomas Jungermann unterstreicht in diesem Zusammenhang den Stellenwert alternativer Antriebe. So zähle der Transportlogistiker zu den Pionieren beim Einsatz der ersten mit Flüssiggas angetriebenen Fahrzeuge mit ADR-Siegel. Ein weiterer Schwerpunkt sei die Digitalisierung, die aktiv im Unternehmen vorangetrieben werden soll.

Darüber hinaus gelte natürlich auch für WTK, den Beruf Kraftfahrer:in attraktiver für den Nachwuchs zu gestalten. Hilfreich hierbei könnte neben dem Einsatz modernster, arbeitserleichternder Technologien das Engagement der Spedition bei der »KRAVAG Truck Parking«-Initiative sein, die aufgrund der anhaltenden Parkplatznot ins Leben gerufen wurde. So bietet WTK auf seinem Betriebsgelände in Duisburg Stellplätze an, die mobil via App gebucht werden können. Die Fahrer:innen haben dann dort die Möglichkeit sowohl zu übernachten als auch die Sanitär- und Aufenthaltsräume mitzubenutzen. Gleichzeitig können sie sich darauf verlassen, dass ihr Truck samt Ladung vor Manipulation geschützt ist.

Nicht zuletzt ist das Thema Vernetzung auf der Agenda von WTK vermerkt. „Wir gehen inzwischen verstärkt Kooperationen mit ähnlich gearteten Firmen ein“, sagt Jörn Stratmann. „Früher waren wir Konkurrenten, doch heute arbeiten wir zusammen, um uns breiter aufzustellen und Synergien zu nutzen.“ Das funktioniere zwar nicht mit allen, aber gerade die jüngere Unternehmergeneration sei für Partnerschaften sehr offen. Das Angebot der Logistikeria wächst also weiter.

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